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Die Wissenschaft vom Wedge

12
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08
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2017

Text: Jan Wrege

Wie souverän spielen Sie den Ball aus 20 bis 30 Metern an die Fahne? Oder einigermaßen brauchbar auf ’s Grün aus einer kniffligen Distanz wie aus 70 Metern? Gelingt der kleine Chip aus leichtem Rough über zehn Meter auf ’s Grün und rollt der Ball dann wie gewünscht Richtung Loch? Und wie sieht’s mit dem Bunker-Spiel aus? Wenn Sie alle Fragen mit „Kein Problem“ beantworten – Glückwunsch! Wahrscheinlich sind Sie Single-Handicapper und spielen bereits mit perfekt gefittetem Material.

George Shaw hat eher andere Erfahrungen. Wir sind heute erneut bei ShawGolf in Altenholz zu Besuch, um etwas über die Wissenschaft vom Wedge zu erfahren. „Viele Amateure spielen Wedges von der Stange. Meistens ist der Lie dieser Schläger um zwei Grad zu aufrecht. Die meisten brauchen einen flacheren Lie, damit der Ball gerade oder leicht nach rechts fliegt – Hauptsache, nicht nach Links“, sagt der Brite, der sich ganz auf die individuelle Anpassung von Golfschlägern spezialisiert hat. „Oft sind die Grooves abgenutzt und bei vielen fehlt ein Wedge im Bag, beispielsweise eines zwischen Pitching- und Sandwedge“, nennt Shaw weitere Probleme.

Das Thema Wedge verlangt besondere Expertise, weil es gerade in diesem Bereich der Golfausrüstung eine für Laien unüberschaubare Zahl an Variationen gibt. Das beginnt wie gesagt mit dem Lie, geht weiter über die große Loft - Bandbreite, setzt sich mit der Wahl des richtigen Bounce-Winkels sowie der Gestaltung der Sohle fort und hört mit der Betrachtung von Länge, Griff stärke und Schaft -Flexibilität längst noch nicht auf.

Beim Schaft übrigens rät George Shaw Spielern, die sonst Graphit-Schläger benutzen, für das Wedge die Alternative zu probieren. „Keine Angst vor Stahlschäften. Ein Wedge kann ruhig einen leichten Stahlschaft haben“, sagt der Experte. Im kurzen Spiel vermittelt Stahl mehr Gefühl, auch die Präzision profitiert, denn der Schlag lässt sich mit dem etwas schwereren Wedge leichter kontrollieren.

Kürzlich war Shaw in Köln bei einem Seminar mit Bob Vokey. Der 78 Jahre alte Amerikaner gilt als Wedge-Guru, der für Titleist die nach ihm benannte Schläger-Kollektion entwickelt hat und nach wie vor mit vielen Größen des Golfsports zusammenarbeitet. Untern anderem hat Vokey persönlich die Wedges von Tiger Woods, Rory McIlroy, Jordan Spieth und Adam Scott gefittet. „Es war eine Ehre, diesen Mann zu treff en. Bob Vokey ist ein Fitter der alten Schule. Er braucht keine elektronischen Geräte, er analysiert das Geräusch, wie das Wedge den Boden trifft und hört, ob der Ballkontakt gut ist“, berichtet Shaw, der sich einige Geheimnisse des Meisters abgeschaut hat

„Der Bounce ist dein Freund“, lautet einer der Leitsätze von Bob Vokey. Der richtige Winkel zwischen Sohle und Boden sorgt dafür, dass der Schlägerkopf ideal an den Ball kommt und nach dem Treffen ein leichtes Divot schneidet. Wichtig ist auch die Sohlen-Form (Grind), die jeweils unterschiedlich für Schläge aus dem Bunkersand oder vom Fairway sein sollte.

Auch Shaw achtet aufs Geräusch und den Schwungstil, nutzt bei der Analyse des Wedge-Schlags aber auch Computer und Klebestreifen an der Sohle. All das ergibt Daten, aus denen sich die notwendigen Fittingmaßnahmen ermitteln lassen. Wer beispielsweise eine flache Schwungkurve hat, sollte mit eher niedrigem Bounce spielen. Schwingt man jedoch steil und kraftvoll, ist ein höherer Bounce zu empfehlen. Zudem sollte man für verschiedene Gegebenheiten gerüstet sein. Bei einem harten Boden hilft ein niedriger Bounce, besser unter den Ball zu kommen. Bei feuchtem und aufgeweichtem Rasen spielt man besser mit mehr Bounce, damit sich der Schläger nicht zu stark eingräbt.

„Je nachdem, was die Analyse ergibt, können wir Lie, Loft und Bounce verändern“, nennt Shaw nur einige Beispiele für das Wedge-Fitting. Auch abgenutzte Grooves kann er nachziehen, bis zu einem gewissen Grad. Irgendwann ist dann ein neues Wedge fällig. Unter dem Strich lerne ich, dass der Kauf eines Wedges von der Stange ohne ausführliches Testen oder Fitting einem Glücksspiel gleicht. Und nur aufs Glück möchte man sich beim Golf ja nicht verlassen.

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